Interview

Die Bonnerinnen Irina und Janine haben sich mit greendoor travel – einer Suchmaschine für nachhaltige Unterkünfte – selbstständig gemacht. Wir haben mit den beiden über ihr spannendes Projekt gesprochen.

Liebe Irina, liebe Janine, unsere Leserinnen und Leser interessiert es bestimmt mehr über Euch zu erfahren. Wer seid ihr und was macht ihr?

Danke für die nette Einleitung, lieber Tim! Wir sind Janine & Irina, die Gründerinnen von greendoor travel. Mit greendoor travel möchten wir mehr Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit in den Tourismussektor bringen und somit insbesondere im Gastgewerbe mehr Transparenz schaffen. Unterstützt werden wir auf unserem Weg durch das Gründerstipendium NRW, welches es uns ermöglicht in Vollzeit an unserem Vorhaben zu arbeiten. Wir bringen beide unterschiedliche Kompetenzen mit ins Team: Janine ist das Sprachrohr von greendoor travel und übernimmt viele Aufgaben in Bezug auf die Kommunikation. Irina ist sehr organisiert und bewahrt selbst in schwierigen Situationen stets den Überblick. Außerdem reisen wir beide liebend gerne und auch das Thema Nachhaltigkeit liegt uns auch im Alltag sehr am Herzen. Wir sind mehr als dankbar dafür, dass wir durch greendoor travel die Möglichkeit haben, diese beiden Leidenschaften miteinander zu verbinden.

Mit der Webseite greendoor-travel.com habt ihr eine Suchmaschine für nachhaltige Urlaubsunterkünfte geschaffen. Was genau kann Eure Webseite?

greendoor travel ist eine digitale Plattform, die Reisefreudigen die Möglichkeit bietet, schnell und unkompliziert nachhaltige Unterkünfte in ihrer Umgebung zu finden. Unsere Gastgeber:innen zeichnen sich durch ihr ökologisches und/oder soziales Engagement (welches auch ökonomisch nachhaltiges Wirtschaften einschließt) aus, welches wir anhand unserer zehn Nachhaltigkeitskriterien messbar machen. Dazu später mehr. Durch entsprechende Filteroptionen können Reisende genau die Unterkunft finden, die zu ihren Wünschen und Bedürfnissen passt. Dass die Unterkünfte zunächst überwiegend in Deutschland angesiedelt sind, hat vor allem den Grund, dass wir unseren Reisenden eine ganzheitlich nachhaltige Reiseerfahrung ermöglichen möchten. Sobald wir unser Netzwerk weiter ausgebaut und ausreichend Informationen auf unserem Blog rund um das Thema nachhaltiges Reisen zusammengestellt haben, werden Unterkünfte im europäischen Ausland hinzukommen.

Uns war von Anfang an klar, dass wir keine reine Informationsplattform bereitstellen wollen, sondern langfristig auch Austausch, Vernetzung und besondere Erfahrungen ermöglichen möchten. Aus diesem Wunsch heraus ist unser interaktiver Ansatz entstanden. Reisende werden zeitnah die Möglichkeit haben, unsere Unterkünfte als greendoor-Expert:innen zu besuchen, um sich mit Gastgeber:innen, die sich auf authentische Weise für Nachhaltigkeit und Fairness einsetzen, auszutauschen. Was es damit auf sich hat und worin der besondere Mehrwert für beide Seiten besteht – dazu gerne später mehr. J

Das klingt wirklich spannend. Wie seid ihr auf die Ideen gekommen und seit wann arbeitet ihr an dem Projekt?

Auf die Idee sind wir im Rahmen eines Aufenthaltes in einer nachhaltig ausgerichteten Unterkunft gekommen. Vor Ort ist uns aufgefallen, dass die Unterkunft zwar große Vorkehrungen traf, um nachhaltig zu agieren, dies allerdings bei der Buchung der Unterkunft kaum im Voraus ersichtlich war. Auch die gezielte Suche nach nachhaltigen Unterkünften gestaltete sich schwer. Unsere Beobachtung wird durch eine in diesem Jahr veröffentlichte Booking.com Studie belegt: Diese kommt zu dem Ergebnis, dass rund drei von vier Unterkünften Nachhaltigkeitspraktiken implementiert haben. Allerdings kommuniziert lediglich ein Drittel diese Bemühungen auch an die potenzielle Zielgruppe. Genau an diesem Punkt setzen wir an, indem wir Transparenz schaffen und das vielfältige Engagement von Gastgeber:innen für ihre Zielgruppe sichtbar und nachvollziehbar machen.

Auch ist uns aufgefallen, dass sich andere nachhaltige Reiseportale oft darauf beschränken, ökologisch nachhaltige Unterkünfte zu listen. Sozial engagierte Gastgeber:innen, die bspw. als Inhaber:innen von Inklusionsbetrieben einen wichtigen Beitrag zu gesellschaftlicher Vielfalt leisten, haben oft keine Plattform, um ihr Engagement publik zu machen und sind entsprechend schwerer zu finden. Fakt ist, dass soziales und gesellschaftliches Engagement anders als Umwelt- und Klimaschutz nicht ausreichend in unserer Gesellschaft repräsentiert sind. Das möchten wir ändern!

An unserer Idee und der Konkretisierung unseres Konzeptes arbeiten wir seit Beginn des Jahres. Wir sind stolz darauf und freuen uns sehr darüber, eine Plattform nach unseren Vorstellungen finalisiert zu haben. Für die Zukunft haben wir große Pläne und wir freuen uns auf den Weg, der vor uns liegt. Wir sprudeln vor Ideen und suchen stets nach Möglichkeiten, mit unserer Plattform einen noch größeren Mehrwert zu schaffen.

Das Logo des neuen Unternehmens.

Worin besteht der Unterschied zwischen Eurer Webseite und den bekannten Buchungsplattformen?

Besonders der ganzheitliche Nachhaltigkeitsansatz unterscheidet die greendoor travel-Plattform von bisher bestehenden Ansätzen. So wird neben dem ökologischen auch das sozial-gesellschaftliche Engagement in den Vordergrund gerückt. Besonders Unterkünfte, deren Gastgeber:innen auch soziale Verantwortung übernehmen, haben so die Möglichkeit, ihr Engagement sichtbar zu machen.

Eine weitere Besonderheit, die unseren Ansatz einmalig macht, sind unsere Expert:innen, die wir vorhin schon angesprochen haben. Langfristig wird die Option bestehen, nicht nur als Reisende:r eine Unterkunft über unsere Plattform zu finden, sondern auch als greendoor-Expert:in in einer dafür ausgeschriebenen Unterkunft zu einem reduzierten Tarif oder ggf. sogar kostenfrei zu übernachten und im Gegenzug in einem kleinen Social Media-Beitrag über den Aufenthalt zu berichten. Unser Expert:innen-Konzept spiegelt unser Bemühen, Nachhaltigkeit auf eine interaktive, ungezwungene Art erlebbar zu machen und den Austausch zwischen Reisenden und Gastgeber:innen zu fördern. Unsere Gastgeber:innen ermöglichen es den Reisenden also, in die Welt ihres Engagements einzutauchen und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Ihrerseits profitieren die Gastgeber:innen davon, dass sie ihren nachhaltigen Ansatz nicht nur dem bzw. der Expert:in vor Ort vorstellen können, sondern dass durch mehr mediale Sichtbarkeit auch unsere nachhaltige Reise-Community von der tollen Arbeit der Gastgeber:innen erfährt. Dadurch entsteht eine Win-Win-Situation.

Unsere Leserinnen und Leser, die mit dem Nachtzug in den Urlaub fahren, wird sicher interessieren, was gibt es auf Eurer Seite für Unterkünfte?

Unsere Unterkünfte reichen von Hotels und Inklusionsbetrieben über Meditationszentren bis hin zu kleinen Bauernhöfen mit eigens betriebenem Hofladen. Auch Hostels, Ferienwohnungen und Campingplätze werden zukünftig bei uns zu finden sein. Wir nehmen jede Art von Unterkunft bei uns auf, solange die Grundvoraussetzung erfüllt ist: Dass die Gastgeber:innen sich authentisch und von Herzen engagieren und mit ihrem Engagement einen Mehrwert für die Umwelt und die Menschen um sie herum schaffen.

Dass wir so breit aufgestellt sind, hat auch den Grund, dass wir durch unser Angebot jede:n ansprechen wollen. So findet sich bei greendoor travel sowohl für Familien als auch für Alleinreisende oder Pärchen die passende nachhaltige Unterkunft.

Und wie läuft es ab, wenn Interessierte eine Unterkunft buchen möchten?

Sobald der oder die Reisende sich für eine Unterkunft auf unserer Plattform entschieden hat, läuft die Buchung entweder über ein Anfrageformular oder über eine Weiterleitung zur Unterkunft selbst. Reisende buchen also nicht direkt über unsere Plattform. Buchen die Reisenden nun über die Seite der jeweiligen Unterkunft, werden sie von uns darum gebeten, den Code „greendoortravel“ im Anmerkungsfeld anzugeben. Durch die Angabe des Codes werden die Buchungen für die Unterkünfte und auch für uns nachvollziehbar. So wird sichergestellt, dass unser Sponsoringpartner, die Tropenwaldstiftung OroVerde, durch jede einzelne Buchung unterstützt wird. Unter Angabe des Codes fließt nämlich pro Buchung 1 € in das Umweltbildungsprojekt „Ich und meine Umwelt“, das aktuelle Umwelt- und Regenwaldthemen in Förderschulen bringt.

Greendoor Travel

So sieht die Unterkunftssuche auf der Webseite aus.

An eurem Namen greendoor travel erkennt man ja schon, dass ihr großen Wert auf Nachhaltigkeit legt. Wie setzt ihr das auf Eurem Portal um?

Da uns Ganzheitlichkeit aber auf mehreren Ebenen wichtig ist, achten wir nicht nur bei der Wahl unserer Unterkünfte auf ganzheitliche Nachhaltigkeit. Wir versuchen unser gesamtes Unternehmenskonzept möglichst nachhaltig zu strukturieren – etwa, indem wir unsere Webseite über den Hostinganbieter webgo betreiben, der seinen Sitz in Deutschland hat und zum großen Teil Ökostrom nutzt, oder indem wir auf die erste sozial-ökologische Bank der Welt vertrauen – die GLS Gemeinschaftsbank. Außerdem geben wir uns große Mühe, die greendoor travel Plattform möglichst barrierefrei zu gestalten, sodass Inklusion nicht nur in unseren Unterkünften sondern auch auf der Plattform selbst bestmöglich umgesetzt wird.

Welche Kriterien müssen Unterkünfte bei Euch erfüllen, um wirklich nachhaltig zu sein?

Die von uns definierten Kriterien umfassen fünf Aspekte aus dem sozialen und fünf Aspekte aus dem ökologischen Bereich. Zu den ökologischen gehören beispielsweise die Nutzung erneuerbarer Energien, Maßnahmen zur Müllvermeidung oder die Verwendung von regionalen und biologischen Lebensmitteln. Als soziales Kriterium haben wir u.a den Einsatz von Gastgeber:innen für Inklusion und Vielfalt definiert, dem sich z.B. Inklusionsbetriebe widmen, das Kriterium „glückliche & zufriedene Mitarbeiter:innen“ fasst Maßnahmen zusammen, die faire Arbeitsbedingungen und eine angenehme Arbeitsatmosphäre gewährleisten. Zu den sozial-ökonomischen Kriterien gehören zudem die Förderung und Unterstützung regionaler Strukturen und der lokalen Wirtschaft durch den Unterkunftsbetrieb. Von den zehn von uns definierten Kriterien muss eine Unterkunft mindestens zwei erfüllen, um eine unserer oben beschriebenen „green doors“ zu erhalten und somit Teil der Plattform zu werden. Hierbei heben wir besonders diejenigen Unterkünfte hervor, die ganzheitlich nachhaltig agieren und somit nicht nur ökologisch nachhaltig wirtschaften, sondern auch sozial-verantwortlich handeln.

Wie sehen Eure Pläne mit der Seite aus? Was sind Eure Ziele?

greendoor travel möchte sowohl soziales Engagement sowie ökologische Nachhaltigkeit fördern und nachhaltige Ansätze so präsentieren, dass die Reisenden auf einen Blick erkennen, was die jeweilige Unterkunft besonders macht. In kürzester Zeit haben wir die Webseite www.greendoor-travel.com ins Leben gerufen, welche auch in Zukunft mit immer neuen Unterkünften und Funktionen ausgebaut wird. Unser Ziel ist es, eine organisch wachsende Plattform zu schaffen, die auf lange Sicht auch weltweit zu mehr Nachhaltigkeit im Tourismussektor beiträgt.

Zum Schluss darf natürlich auch die Frage zu Nachtzügen nicht fehlen. Seid ihr beiden schonmal im Nachtzug verreist? Habt ihr ein besonderes Erlebnis, welches ihr gerne mit unseren Leserinnen und Lesern teilen möchtet?

Wir haben tatsächlich beide ein tolles Nachtzugerlebnis, von dem wir berichten können. Ich, Irina war 2018 im Vietnam. Dort bin ich im Nachtzug von Hội An zurück in die Hauptstadt nach Hanoi gereist. Ich war begeistert davon, wie gut ich im Zug schlafen konnte und wie großartig das Gefühl war in dem Wissen einzuschlafen, am nächsten Tag an einem anderen Ort im wunderschönen Vietnam aufzuwachen. Den Kaffee am nächsten Morgen gab es zwar im Plastikbecher, geschmeckt hat er aber trotzdem wunderbar. Ich würde mich jederzeit wieder für einen Nachtzug entscheiden! Ich, Janine, bin öfters von Bonn nach Wien im Nachtzug gereist. Besonders das erste Mal ist mir in Erinnerung geblieben. Die Einzelabteile waren an dem Abend besonders günstig und so hatte ich meine eigene Schlafkabine. Ich habe wunderbar geschlafen und wurde am nächsten Morgen von Sonnenschein und einem ganz tollen Gefühl von Freiheit geweckt. Reisen im Nachtzug macht mich immer ganz nostalgisch. Ich liebe es dem Geräusch der Schienen zu lauschen und mich darauf zu freuen, am nächsten Morgen in einer ganz anderen Landschaft wachzuwerden.
Wir haben uns beide fest vorgenommen in naher Zukunft mit dem Nachtzug innerhalb Europas zu verreisen und sind schon sehr gespannt auf die neuen Verbindungen auf deiner Plattform Nachtzug Urlaub. ?

Vielen Dank für Eure Zeit & viel Erfolg mit Eurem Start-Up ?

 

Hinweis: Das Interview entstand im Rahmen einer unentgeltlichen Partnerschaft zwischen Greendoor Travel und Nachtzug-Urlaub.de.