Interview

Der 28jährige Marc Förster ist seit mehreren Jahren Zugführer beim Nachtzuganbieter Alpen-Sylt Nachtexpress. Wir haben mit ihm über seinem Beruf, Nachtarbeit und reisen im Nachtzug gesprochen.

Wie kam es dazu, dass Sie Zugführer beim Alpen-Sylt Nachtexpress geworden sind?

Während meines Studiums habe ich nebenher begonnen, als Schlafwagenschaffner bei der Deutschen Bahn zu arbeiten. Die Prioritäten änderten sich in diesem geradezu magischen Job sehr schnell; bald arbeitete ich als Schlafwagenschaffner und das Studium wurde zur Nebensache. Dann wurde der damals befristete Job nicht verlängert, woraufhin ich kurzerhand nach Wien zog, um hier bei der ÖBB weiter im Nachtzugsegment arbeiten zu können. Hier wurde ich dann auch zum Zugführer ausgebildet. Nach etwa vier Jahren und mit einem erfolgreichen Universitätsabschluss in Audioengineering ging es wieder zurück nach Deutschland, dieses Mal in Diensten der BTE (einer Tochter der RDC-Gruppe) – und so kam ich nach einer ereignisreichen Zeit bei privaten Tagesfernverkehrszügen dazu, den ALPEN-SYLT Nachtexpress als Zugführer zu begleiten.

Seit wann sind Sie Zugführer und was macht den Beruf des Zugführers für Sie aus?

Ich bin seit etwa 6 Jahren als Zugführer unterwegs. Das Unterwegssein und an vielen verschiedenen Orten mit unterschiedlichsten Menschen zu tun haben zu können. Besonders bei Nachtzügen ist das einfach ein wunderbares Gefühl.

Was ist Ihr Rezept im Umgang mit Fahrgästen?

Es gibt kaum Situationen, die durch eine ruhige, hilfsbereite und verständnisvolle Grundhaltung nicht zu meistern wären. Oft ist die Lösung ganz einfach, im Sinne von: ein Problem ist das, was man daraus macht. Meist wissen Reisende das Engagement des Zugpersonals am Ende mehr zu würdigen als die Problemlösung selbst.

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Marc Förster bei der Arbeit als Zugführer im Alpen-Sylt Nachtexpress.

Eine Frage, die sicher alle Reisenden interessiert: Wie ist es zu arbeiten, wenn alle anderen schlafen?

Das ist für mich immer noch etwas ganz Besonderes. Mitten in der Nacht Kontrollgänge durch einen Zug zu machen, in dem alles schläft, in Kombination mit den einsamen Lichtern, die draußen am Fenster in der Dunkelheit vorbeiziehen sowie den regelmäßigen, irgendwie beruhigenden Fahrtgeräuschen, das ist eine unvergleichbare Stimmung.

Wie halten Sie sich während der Fahrt wach?

Das geht wie von selbst. Man kann die nächtliche Zeit dazu nutzen, um ungestört Wagenlisten zu schreiben oder Frühstücke vorzubereiten. Und wenn sonst nichts mehr hilft, dann hilft im Zweifel ein sehr starker Kaffee. (lacht)

Was haben Sie Besonderes in Nachtzügen erlebt?

Man begegnet unwahrscheinlich vielen, unterschiedlichen Menschen, manche bleiben dabei ganz besonders in Erinnerung. Auf einer Fahrt von Venedig nach Wien konnte ich einer amerikanischen Familie, deren Flug kurzfristig ausgefallen war, noch ein Liegewagenabteil organisieren. Es stellte sich heraus, dass der Vater Zeichner für Disney ist und diverse Charaktere geschaffen hat, die mich durch meine Kindheit begleitet haben. Als Dank für meine Bemühungen überreichte er mir am Morgen eine Bleistiftzeichnung, die noch immer das beste Trinkgeld ist, das ich jemals bekommen habe.

Der Alpen-Sylt Nachtexpress verkehrt zwischen Salzburg bzw. dem Bodensee und Sylt. Gerne möchten wir von Ihrem Insiderwissen profitieren: Welche Bahnhöfe entlang der Strecke sind besonders? Gibt es einen Lieblingsbahnhof auf der Strecke?

Mein Lieblingsbahnhof ist München Ost. Hier bin ich zu Studienzeiten immer aus dem Regionalzug in die S-Bahn umgestiegen. Daher verknüpfe ich den Bahnhof und seine Umgebung mit sehr vielen Erinnerungen. Gerade beim abendlichen Warten auf den letzten Zug nach Hause waren immer ab- und durchfahrende Nacht- und Autoreisezüge zu beobachten, mehr Fernweh ging nicht. Daher macht es mich jetzt umso stolzer, in diesem Bahnhof einen der aufregendsten Nachtzüge als Zugführer abfertigen zu dürfen.

Eine ganz persönliche Frage zum Schluss an Sie, da sie beide Seiten fast täglich bei der Arbeit erleben: lieber Berge oder Meer?

Beides strahlt für mich Unendlichkeit aus und ist damit gleichermaßen faszinierend. Die Tendenz geht aber dennoch in Richtung Berge – aber es ist eine sehr knappe Entscheidung. Als ich im Münchner Umland quasi in Sichtweite (aber nur bei Föhn) der Alpen lebte, war die Sehnsucht nach dem Meer natürlich größer als jetzt, wo ich in der Nähe von Hamburg wohne. Aber ich denke, man sehnt sich immer irgendwie mehr nach dem, was weiter entfernt ist.

Vielen Dank für Ihre Zeit & allzeit gute Reise ?

Über den Alpen-Sylt Nachtexpress:

Der Alpen-Sylt Nachtexpress ist ein privater Anbieter von Nachtzugverbindungen. Aktuell bietet das Unternehmen Nachtzugverbindungen zwischen Konstanz bzw. Salzburg und Westerland auf Sylt mit Zwischenstopps u.a. in München und Hamburg an.

Hier findest Du weitere Infos zum Alpen-Sylt Nachtexpress.